Was hat Nachhaltigkeit mit dem Handwerk zu tun? Expertentipps der Nachhaltigkeitskoordinatorin des Baden-Württembergischen Handwerkstags
In der aktuellen Diskussion um das Thema „Nachhaltigkeit“ bestehen häufig Unklarheiten. Was versteht man unter Nachhaltigkeit? Wie kann man das Thema in seinem Betrieb konkret angehen? Und welche Unterstützungstools gibt es für Handwerksbetriebe? Wir haben mit dem Baden-Württembergischen Handwerkstag e.V. (BWHT) gesprochen, der Dachorganisation des Handwerks in Baden-Württemberg.
Wir haben mit dem Baden-Württembergischen Handwerkstag e.V. (BWHT) gesprochen, der Dachorganisation des Handwerks in Baden-Württemberg.
Franziska Lamprecht, Koordinatorin der Nachhaltigkeitsoffensive der Zukunftsinitiative „Handwerk 2025“, stand uns Rede und Antwort.
Frau Lamprecht, was bedeutet der Be- griff „Nachhaltigkeit im Handwerk“ aus Ihrer Sicht?
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ hat eine lange Entwicklung hinter sich. Seinen Ursprung hat er in der Forstwirtschaft. Bereits im 18. Jahrhundert stellte man dort fest, dass ein bewusster Umgang mit Ressourcen notwendig ist. Es wurde die Forderung aufgestellt, dass in einem bestimmten Zeitraum nur so viel Ressourcen verbraucht werden sollen, wie in diesem Zeitraum nachwachsen. Nachhaltigkeit, wie wir sie heute verstehen, basiert auf den drei Dimensionen „Öko- logie“, „Ökonomie“ und „Soziales“. Um den Zustand der ganzheitlichen Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen alle Dimensionen gleichberechtigt beachtet werden.
Nachhaltigkeit ist seit jeher für Hand- werksbetriebe eine Selbstverständlichkeit und traditioneller Bestandteil handwerklicher Prinzipien. Das Handwerk bietet langlebige Produkte und umfangreiche Reparatur- und Wartungsleistungen. Die kleinbetrieblichen Strukturen sind ein großer Vorteil in der sozialen Nachhaltigkeit. Was oftmals noch fehlt ist die Darstellung der Nachhaltigkeit nach außen, sowie die Wertschätzung des Handwerks als unverzichtbarer Akteur bei der Eindämmung des Klimawandels.
Wie kann ich als Betrieb eine nachhaltige Unternehmensführung angehen? Welche Unterstützungswerkzeuge gibt es?
Es kommt auf den Betrieb und die individuelle Zielsetzung an. Der Unterschied ist nicht der Kenntnisstand der einzelnen Person, sondern der Umsetzungsgrad des Unternehmens im Bereich „Nachhaltigkeit“. Aufgrund der Vielfältigkeit des Themas gibt es hier keinen Parade- weg, jedoch zeigt die Erfahrung, dass die bereits in vielen Betrieben gelebten Aktivitäten ein guter Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen sind.
In jedem Fall bietet sich an, mit einer Bestandsaufnahme zu beginnen. Hierbei unterstützen wir die Handwerksbetriebe mit dem „Quick Check“ und der sogenannten „Klima-Ampel“.
Was bieten der „Quick Check“ und die „Klima-Ampel“?
Mit unseren kostenfreien Tools haben Handwerksbetriebe die Möglichkeit, eine unkomplizierte Standortbestimmung im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit vorzunehmen. Wer sich einen ersten Überblick über den CO2-Fußabdruck seines Betriebs verschaffen möchte, kann dies einfach und schnell über den „Quick Check“ durchführen. Das Ergebnis wird grafisch dargestellt, sodass die besonders emissionsintensiven Bereiche einfach identifiziert werden können. Auf dieser Grundlage können dann konkrete Überlegungen zur Optimierung angestellt werden.
Wer eine ausführlichere CO2-Bilanz für seinen Betrieb erstellen möchte, kann die „Klima-Ampel“ nutzen. Im Ergebnis erhalten die Betriebe eine Bewertung, im Vergleich zu gewerksgleichen Betrieben, dargestellt im Ampelformat grün, gelb, rot. Zusätzlich können anschliessend CO2-Minderungsziele definiert und ein Maßnahmenkatalog zur Umsetzung dieser Ziele erstellt werden. In diesem Zusammenhang kann auf Wunsch Kontakt zu den Umweltberatern der jeweiligen Handwerkskammer aufgenommen werden, die beim Ausfüllen der „Klima-Ampel“ unterstützen und entsprechende Plausibilitätsprüfungen vornehmen.
Ist eine Bescheinigung für nachhaltiges Handeln für Handwerksbetriebe sinnvoll?
Das hängt stark davon ab, wie die aktuelle Situation und die Zielsetzung des Handwerksbetriebs sind. Eine Bescheinigung über nachhaltiges Handeln im Unternehmen ist aktuell freiwillig. Dennoch kann es unter Marketingaspekten sinnvoll sein, sich klimafreundliches Verhalten im Unternehmen bescheinigen zu lassen. In der Rolle als Zulieferer für größere Betriebe, die verpflichtet sind, einen Nachhaltigkeitsbericht vorzuweisen, ist damit zu rechnen, dass Daten zur Nachhaltigkeit abgefragt werden und somit bei der Vergabe ein entsprechendes Kriterium werden. Damit wird die Thematik auch für klein- und mittelständische Betriebe relevant. Nachhaltigkeit fließt zudem auch bei der Ratingeinstufung der Banken mit ein. Bereits heute spiegelt sich dies bei der L-Bank in Form des Nachhaltigkeitsbonus wider.
Welche weitere Unterstützung können Betriebe in Anspruch nehmen?
Für einen 360-Grad-Blick über das Thema Nachhaltigkeit und branchen-spezifische Umsetzungsmöglichkeiten stehen die Berater des Fachverbands zur Verfügung. Bei spezifischen Fragen, beispielsweise in Verbindung mit einer gewünschten Bescheinigung über klimafreundliches Verhalten im Unternehmen, stehen die Umweltberater der jeweiligen Handwerkskammer bereit.
Ein weiteres Angebot für Handwerksbetriebe besteht in den kostenfreien Web-Seminaren und Workshops zu den Themenbereichen Personal, Strategie und Nachhaltigkeit. Hier besteht die Möglichkeit, bei Vorträgen von Beratern und Experten praxisorientierte Anwendungen kennenzulernen.
Links zu den Unterstützungstools: