Warmwasserbereitung: Energiesparmaßnahmen können Trinkwasserhygiene gefährden
Zu niedrige Wassertemperaturen können zur Verkeimung von Trinkwasserinstallationen führen. Deshalb sollte auch bei Energiesparmaßnahmen die erforderlichen Wassertemperaturen nicht unterschritten werden.
Aufgrund stark gestiegener Energiepreise, der Verknappung von Erdgas und eines drohenden Gasmangels kündigen viele Kommunen und Vermieter Maßnahmen zur Energieeinsparung an und setzen diese teilweise auch bereits um. Dabei wird häufig die Versorgung mit Warmwasser, beispielsweise in Sporthallen und Schwimmbädern, reduziert oder eingestellt, oder die Warmwasserbereitung in Mietwohngebäuden zeitlich eingeschränkt.
Bei derartigen Einschränkungen der Warmwasserversorgung sind sich die Betreiber jedoch häufig nicht über die erheblichen Auswirkungen auf die Trinkwasserhygiene bewusst. Folge kann eine stark erhöhte Vermehrung von Legionellen durch zu niedrige Wassertemperaturen sein. Ebenso kann es zur Verkeimung von Anlagenteilen durch Stagnation des Wassers (also bei zu geringem oder fehlendem Wasseraustausch) kommen. Außerdem führt Stagnation im Trinkwasser zu einer Anreicherung von Stoffen aus Materialien, die in Kontakt mit dem Trinkwasser stehen, über die zulässigen Werte hinaus.
Alle diese Folgen können zu gravierenden Gesundheitsschäden beim Nutzer führen. Es gilt der vom Umweltbundesamt (UBA) mehrfach geäußerte Grundsatz: „Trinkwasserhygiene geht vor Energieeinsparung.“
Insofern führen die Maßnahmen zur Reduzierung oder Stilllegung der Warmwasserversorgung im Regelfall ohne zusätzlich ergriffene Maßnahmen zu einem nicht bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasserinstallation.
Soll die Warmwasserbereitung dennoch außer Betrieb genommen werden, sind zusätzliche Maßnahmen bei der Außerbetriebnahme und besonders bei der Wiederinbetriebnahme erforderlich: Wird die Warmwasserbereitung in der Trinkwasserinstallation oder Teilen davon für einen längeren Zeitraum, sprich mehr als 3 Tage, vollständig eingestellt (Abschaltung der Wärmezufuhr), muss in der Zuleitung zum Warmwasserbereiter und den nachgeschalteten Warmwasser- und Zirkulationsleitungen dennoch für einen ausreichenden Wasseraustausch gesorgt werden.
Dazu muss nach DIN EN 806-5 (Betrieb und Wartung) bzw. DIN 1988-200 (Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe) durch Spülen an allen Entnahmestellen mindestens alle 7 Tage ein vollständiger Austausch des Inhaltes der Rohrleitungen erreicht werden. Dies gilt auch für die Zirkulationsleitungen. Daher muss die Zirkulationspumpe während des Spülvorgangs in Betrieb genommen werden.
Zu berücksichtigen ist auch, dass bei einer Einstellung der Warmwasserversorgung auch Kaltwasserleitungen möglicherweise nicht mehr ausreichend durchströmt werden, da die Nutzer Sanitäreinrichtungen in öffentlichen Gebäuden (z. B. Duschen in Sporthallen) wegen des eingeschränkten Komforts nicht mehr nutzen.
Ist ein regelmäßiger Wasseraustausch durch Spülen der Trinkwasserinstallation warm nicht möglich, muss diese durch Schließen der Absperrorgane von der Trinkwasserinstallation kalt getrennt werden. Hierbei sind die Anforderungen von DIN EN 806-5 Abschnitte 7 (Betriebsunterbrechungen und Außerbetriebnahme) und 8 (Wiederinbetriebnahme) sowie die Auslegungen des ZVSHK-Kommentars zu beachten.
Um eine Beeinträchtigung der weiter betriebenen Trinkwasserinstallation kalt durch stagnierendes Wasser in der Zuleitung zum Warmwasserbereiter zu vermeiden, muss diese mit einer Absperrmöglichkeit möglichst nah am Abzweig von der übrigen Kaltwasserinstallation versehen sein.
Das Entleeren der Trinkwasserinstallation warm sollte (abweichend von DIN 806-5, siehe ZVSHK-Kommentar) aus hygienischen Gründen (Keimvermehrung in Restwassermengen) und zur Vermeidung von Korrosion unterbleiben. Um ein ungewolltes Entleeren der abgesperrten Trinkwasserinstallation warm durch warmwasserseitiges Öffnen von Entnahmearmaturen zu verhindern, sollten diese – soweit möglich – an den Anschlüssen (Eckventile, Vorabsperrungen) abgesperrt werden.
Der ZVSHK-Kommentar zur DIN 806-5 (Tabelle 1) fordert bei einer Wiederinbetriebnahme nach einer Betriebsunterbrechung von länger als 4 Wochen: Öffnen der Absperrarmaturen und aller Entnahmearmaturen im abgestellten Bereich, vollständiger Wasseraustausch.
Bei einer Betriebsunterbrechung von länger als 6 Monaten wird zusätzlich empfohlen, eine Wasserprobe aus einer Entnahmestelle in dem abgestellten Bereich zu entnehmen und eine mikrobiologische Kontrolluntersuchung durchführen zu lassen. Bei ausgedehnten Warmwasserinstallationen ist dies eventuell auch an mehreren repräsentativen Entnahmestellen notwendig. Außerdem sollten Spül- oder Desinfektionsmaßnahmen erfolgen, wenn unzulässige mikrobiologische Belastungen festgestellt werden. Die Inbetriebnahme und Nutzung darf erst dann erfolgen, wenn einwandfreie Ergebnisse vorliegen. Eine Probenahme und mikrobielle Untersuchung sind insbesondere im öffentlichen und gewerblichen Bereich dringend vor einer erneuten Nutzung zu empfehlen.
Die Wiederinbetriebnahme muss durch einen qualifizierten Fachbetrieb erfolgen. Bezüglich der Durchführung von Maßnahmen zum Spülen und – wenn erforderlich – Desinfizieren wird auf die Regelungen in DIN EN 806-4 Installation, ZVSHK-Merkblatt Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen, Arbeitsblatt DVGW W 557 Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen und Information DVGW twin Nr. 05 Desinfektion von Trinkwasserinstallationen zur Beseitigung mikrobieller Kontaminationen hingewiesen.
Die Probenahme und Untersuchung muss durch eine zugelassene Untersuchungsstelle erfolgen. Auch hierbei sind neben der TrinkwV diverse rechtliche und technische Regelungen zu beachten.
Grundsatzanforderung: zentrale Trinkwasserwärmer am Austritt ≥ 60 °C Eintritt der Zirkulationsleitung ≥ 55 °C Auslauftemperatur an der Entnahmestelle nach 30 Sekunden: mindestens 55 °C. Eine auch nur zeitweise Absenkung der Temperaturen unter die in DIN EN 806-2 und DIN 1988-200 geforderten Werte in der Trinkwasserinstallation warm ist nicht zulässig. Ausnahmen, die die Norm für die zentrale Trinkwasserbereitung in Ein- und Zweifamilienhäusern beim gesicherten kompletten Wasseraustausch in der gesamten Installation alle drei Tage zulässt, können nicht empfohlen werden.
Fachbetriebe, die bei ihrer Tätigkeit Kenntnis von derartigen Maßnahmen zur Energieeinsparung in der Trinkwassererwärmung erlangen oder mit solchen Maßnahmen beauftragt werden, sollten die Betreiber (Auftraggeber) dringend auf die Risiken und erforderlichen Maßnahmen insbesondere bei der Wiederinbetriebnahme beweissicher hinweisen. Betreiber sollten wissen, dass die bei der Wiederinbetriebnahme notwendigen Maßnahmen erhebliche Kosten verursachen können. Betreibern von öffentlichen Einrichtungen sollte empfohlen werden, derartige Maßnahmen mit dem zuständigen Gesundheitsamt abzustimmen.
In Baden-Württemberg weist auch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz darauf hin, dass die Temperaturen im Trinkwasser warm mindestens 55 °C betragen sollten: Möglichkeiten des Energiesparens bei der Warmwasserbereitstellung: Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg
(Quelle u. a. FV SHK Rheinland-Rheinhessen)