Kostenspiegel Ausbildung –
Rechnet sich ein Lehrling?
Jedes Jahr stehen viele SHK-Betriebe vor der Entscheidung: Soll ein Azubi eingestellt werden oder nicht? Was kostet die Ausbildung aus ökonomischer Sicht und welchen Nutzen liefert sie im Gegenzug für den Betrieb?
Das wichtigste Argument vorneweg: Generell sollten alle SHK-Betriebe dem Thema Ausbildung im Betrieb schon alleine aus strategischen Gesichtspunkten offen sein, denn letztlich geht es dabei um die langfristige Zukunftsfähigkeit des Betriebes.
Gerade vor dem Hintergrund des weiter wachsenden Fachkräftebedarfs in unserer Branche muss allen klar sein, dass die Fachkräfte von morgen die Lehrlinge von heute sind und somit die Notwendigkeit einer konsequenten Ausbildung in Zukunft noch mehr steigen wird.
Die Kosten, die einem SHK-Betrieb für einen Lehrling entstehen, sind zwar nicht zu unterschätzen, werden allerdings in der Regel durch die erzielbaren Erlöse kompensiert, da die Lehrlingsarbeitsleistung dem Kunden je nach Lehrjahr bzw. Ausbildungsstand gestaffelt in Rechnung gestellt werden kann.
Die folgende Beispielrechnung liefert die Kosten und Erlöse für die Ausbildung eines Lehrlings im Bereich Anlagenmechaniker für SHK-Technik mit Start ab September 2024, wobei im Beispiel von einer klassischen dualen Ausbildung ausgegangen wird.
Beim Ansatz der Daten wurde von gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen ausgegangen. Hierbei wurden bereits die ab 1. September 2024 geltenden erhöhten Ausbildungsvergütungen berücksichtigt. Die Positionen der Tabelle II (Berechnung der Gesamtkosten je Lehrling und Ausbildungsjahr) und der Tabelle III (Berechnung der Gesamtkosten der Ausbildung) basieren zum Teil auf Befragungen und Schätzungen.
Grundlage der Erlösberechnungen bildet eine bereits seit vielen Jahren in der Praxis zur Anwendung kommende Staffelungsregelung.
Die nachfolgenden Berechnungsbeispiele sollen als Anleitung für eine individuelle Kosten-Erlös-Ermittlung unter Berücksichtigung der betrieblichen Besonderheiten dienen.
Tabelle I: Berechnung der Arbeitszeit eines Lehrlings
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|
1. bis 3. Lehrjahr | 4. Lehrjahr | ||
| Tage pro Jahr |
365,00 |
Tage |
182,50 |
Tage |
| – Samstage + Sonntage |
104,00 |
Tage |
52,00 |
Tage |
| = zu bezahlende Tage |
261,00 |
Tage |
130,50 |
Tage |
| – Feiertage (Durchschnitt) |
11,00 |
Tage |
6,00 |
Tage |
| – Urlaubstage |
30,00 |
Tage |
15,00 |
Tage |
| – Freistellung |
2,00 |
Tage |
1,00 |
Tage |
| – Krankheit |
10,00 |
Tage |
5,00 |
Tage |
| – Berufsschule |
60,00 |
Tage |
30,00 |
Tage |
| – ÜBA-Tage (45 Tage insgesamt) |
13,00 |
Tage |
6,00 |
Tage |
| = Anwesenheit im Betrieb |
135,00 |
Tage |
67,50 |
Tage |
| davon 65% für betr. Ausbildung im 1. Lehrjahr |
87,75 |
Tage |
– |
|
| davon 45% für betr. Ausbildung im 2. Lehrjahr |
60,75 |
Tage |
– |
|
| davon 35% für betr. Ausbildung im 3. Lehrjahr |
47,25 |
Tage |
– |
|
| davon 25% für betr. Ausbildung im 4. Lehrjahr |
16,88 |
Tage |
– |
|
|
|
prod. Tage |
prod. Std. |
| 1. Lehrjahr (7,7 Std. pro Tag) |
47,25 |
363,83 |
| 2. Lehrjahr (7,7 Std. pro Tag) |
74,25 |
571,73 |
| 3. Lehrjahr (7,7 Std. pro Tag) |
87,75 |
675,68 |
| 4. Lehrjahr (7,7 Std. pro Tag) |
50,62 |
389,77 |
Tabelle II: Berechnung der Gesamtkosten je Lehrling und Ausbildungsjahr
|
|
1. Jahr |
2. Jahr |
3. Jahr |
4. Jahr |
| 1. Ausbildungsvergütung (inkl. Urlaubsgeld, Jahressonderzahlung, VwL) |
11.434,00
|
12.388,00 |
14.614,00 |
8.152,00 |
| 2. Pflegeversicherung (1,7 %) 3. Krankenversicherung (8,15 %) 4. Rentenversicherung (9,3 %) 5. Arbeitslosenversicherung (1,3 %) 6. Berufsgenossenschaft (4,0 %) 7. Lohnfortzahlung (3,4 %) 8. Summe (2-7) x 27,85 % |
3.184,37 |
3.450,06 |
4.069,99 |
2.270,33 |
| 9. Kosten ÜBA |
350,00 |
350,00 |
350,00 |
165,00 |
| 10. Kosten Ausbilder |
2.500,00 |
2.500,00 |
2.500,00 |
1.000,00 |
| 11. Material – Werkzeug |
500,00 |
500,00 |
500,00 |
300,00 |
| 12. Berufskleidung |
360,00 |
360,00 |
360,00 |
180,00 |
| 13. Eintragung in Lehrlingsrolle |
30,00 |
|
|
|
| 14. Gesellenprüfung 1 und 2* |
|
490,00 |
|
650,00 |
| Gesamtkosten |
18.358,37 |
20.038,06 |
22.393,99 |
12.717,33 |
| Verrechenbare Stunden |
363,83 |
571,73 |
675,68 |
389,77 |
| Kosten je verrechenbare Stunde |
50,46 |
35,05 |
33,14 |
32,63 |
*Schätzwerte aufgrund unterschiedlicher Gebühren je Kammerbezirk
Tabelle III: Berechnung der Gesamtkosten der Ausbildung
| 1. Lehrjahr |
18.358,37 |
| 2. Lehrjahr |
20.038,06 |
| 3. Lehrjahr |
22.393,99 |
| 4. Lehrjahr |
12.717,33 |
| Gesamtkosten |
73.507,75 |
| Verrechenbare Stunden |
2.001,01 |
| Kosten je verrechenbarer Stunde |
36,74 |
Tabelle IV: Berechnung der möglichen Lehrlingserlöse
| Durchschn. SHK-Stundenverrechnungssatz 2023 Baden-Württemberg
|
63,63 |
|
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| Lehrlingsverrechnungssatz |
|
prod. Std. |
Gesamterlös |
| 1. Lehrjahr (45% verrechenbar) |
28,63 |
363,83 |
10.387,82 |
| 2. Lehrjahr (55% verrechenbar) |
35,00 |
571,73 |
20.010,55 |
| 3. Lehrjahr (65% verrechenbar) |
41,36 |
675,68 |
27.946,12 |
| 4. Lehrjahr (75% verrechenbar) |
47,72 |
389,77 |
18.599,82 |
| Summe der Gesamterlöse |
|
|
76.944,31 |
| Gesamtkosten |
|
|
73.507,75 |
| Differenz |
|
|
3.436,56 |
Trotz deutlich gestiegener Lehrlingsvergütungen ab Herbst 2024 zeigt die Musterberechnung, dass sich für ausbildende Betriebe sowohl unter strategischen als auch ökonomischen Aspekten nach wie vor ein doppelter Nutzen ergibt. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung sämtlicher Kosten sowie einer angemessenen Verrechnung der Lehrlinge gegenüber den Auftraggebern, wird auch monetär ein deutlich positiver Saldo ausgewiesen.
Aus diesen Erkenntnissen wird deutlich: Ausbildung lohnt sich in jedem Fall!
Immer wieder wird seitens der Kunden kritisch nachgefragt, weshalb der Azubi verrechnet wird. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, einige Argumente in der Hand zu haben, um dies für den Kunden nachvollziehbar darzustellen.
Argumentation: Warum ist es gerechtfertigt den Azubi zu verrechnen?
Im SHK-Handwerk gibt es eine Vielzahl an Arbeiten, für deren Ausführung oftmals zwingend eine zweite Kraft benötigt wird. Sollte dies der Fall sein, hat der Betrieb auch das Recht, diese Person entsprechend zu verrechnen.
Darüber hinaus stellt die Ausbildung einen erheblichen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs dar. Ausbildende SHK-Betriebe tragen deshalb in dieser Hinsicht aktiv zu einer langfristig positiven und nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung bei.
Angehende Fachkräfte müssen Erfahrungswissen aufbauen. Wir alle kennen das Sprichwort „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“ Lehrlinge müssen auch die Möglichkeit haben, das vorhandene Wissen in der Praxis in Zusammenarbeit mit der erfahrenen Fachkraft zur Anwendung zu bringen, um somit Erfahrungswissen aufzubauen.
Dafür werden sie für entsprechend geeignete Aufgaben produktiv eingesetzt und abhängig von ihrem Wissensstand und technischem Können entsprechend anteilig verrechnet.
„Kunden, die nicht verstehen, dass auch Auszubildende verrechnet werden müssen, müssen nicht Kunden des SHK-Handwerks sein“, so Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker.
Fazit: Eine Verrechnung des Lehrlings gegenüber dem Kunden bildet die Grundlage dafür, dass auch zukünftig gut ausgebildete und kompetente Fachkräfte für den Kunden in der Region als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und Vor-Ort im Einsatz sein werden. Diese Kompetenz und den damit verbundenen Service kann es nicht zum „Nulltarif“ geben. (Stand 26.06.2024)