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4. November 2025

Biomethan im Wärmemarkt: Perspektiven unter GEG, Angebot und Netzausbau

Biogase, insbesondere aufbereitetes Biomethan, spielen im Wärmemarkt derzeit nur eine untergeordnete Rolle. In Deutschland existieren etwa 9.000 Biogasanlagen, von denen nur rund 240 ihr Biogas zu Biomethan aufbereiten. Die gesamte Biomethanproduktion lag 2023 bei nur rund 10,4 TWh – das entspricht etwa 1 % des deutschen Erdgasverbrauchs. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage an Bedeutung, wie sich Biomethan künftig in der Wärmeversorgung einfügen kann. Mit dem novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) steigen die Anforderungen an den erneuerbaren Anteil beim Heizen jedoch erheblich, insbesondere für ab dem 1. Januar 2024 eingebauten Gasheizungen. Ab dem 1. Januar 2029 müssen diese sukzessive mit einer steigenden Quote klimaneutraler Gase (Biomethan oder Wasserstoff) betrieben werden. Ab 2029 müssen mindestens 15 %, ab 2035 30 % und ab 2040 60 % erneuerbare Energien genutzt werden – in Baden-Württemberg ab 2040 sogar 100 %. Spätestens 2045 dürfen dann nach derzeitigem GEG im Gebäudebereich keine fossilen Brennstoffe mehr eingesetzt werden. Ebenfalls zu beachten ist hierbei, dass die europäische Gebäudeeffizienz-Richtlinie (EPBD) ein Verbot von fossilen Energieträgern bei Neueinbau eines Wärmeerzeugers bereits für 2040 vorsieht. Deutschland muss die EPBD bis zum 29. Mai 2026 in nationales Recht umsetzen. Wie das die jetzige Bundesregierung tun will, ist aktuell noch vollkommen offen. Die dargestellten Sachverhalte machen damit Biomethan zu einer wichtigen Erfüllungsoption für die Wärmewende – wenn ausreichende Mengen verfügbar sind.

Aktueller Stand: Angebot und Nachfrage

Die Biomethanproduktion in Deutschland stagniert auf niedrigem Niveau. 2023 wurden rund 10,4 TWh Biomethan erzeugt. Der überwiegende Teil dient derzeit der Kraft-Wärme-Kopplung meistens unter Einsatz von BHKW. Dabei entfallen nur etwa 2 %der erneuerbaren Wärmeerzeugung auf Biomethan. Für Gasheizungen – privat wie gewerblich – betrug der Biomethaneinsatz 2022 nur etwa 0,4 TWh, weit unter 1 % des Sektorgasbedarfs. Insgesamt reicht das heimische Angebot bei weitem nicht, um den prognostizierten Bedarf zu decken.

Verschiedene Studien gehen davon aus, dass der Biomethanbedarf durch das GEG stark ansteigen könnte. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) schätzt, dass unter den GEG-Vorgaben zusätzliche Mengen von 2,2–7,8 TWh im Jahr 2029, 8,1–27,0 TWh im Jahr 2035 und bis 13,4–44,6 TWh im Jahr 2040 erforderlich sein könnten. Im Schaubild der dena werden die Zahlen nochmal verdeutlicht. Es wird zwischen drei verschiedenen Szenarien unterschieden: Szenario low (30 %), Szenario mid (65 %) und Szenario high (100 %). Dabei wird das obere Ende dieser Bandbreiten vor allem dann erreicht, wenn die für die GEG-Quoten nötigen Mengen an grünem Wasserstoff bis 2040 nicht verfügbar sind. Selbst die Einspeisung aller bisher ungenutzten Abfall- und Reststoffpotenziale (Schlämme, Gülle, Agrarreststoffe) würde nur etwa 40–71 TWh zusätzliches Biomethan liefern.

Zudem sind regulatorische Schranken zu beachten. So dürfen neu gebaute Biogasanlagen ≥1 MW Leistung ab 2024 nur noch maximal 40 % ihrer Substrate als Energiepflanzen (Mais, Getreide) einsetzen; der Rest muss aus Abfällen, Reststoffen oder anderen Kultursubstraten stammen. Wegen dieser Nachhaltigkeitsvorgaben lässt sich die Produktion auf Basis von Energiepflanzen kaum erhöhen, zumal die EU-Agrarpolitik keine Flächenausweitung für Energiebiomasse vorsieht. Damit bleibt fast nur der Ausbau von Anlagen auf Reststoff-Basis und der Import von Biomethan. Die EU-Kommission strebt bis 2030 eine Biomethanproduktion von 35 Mrd. m³ (~370 TWh) in Europa an, um etwa 26 % der dafür benötigten Menge für den deutschen Bedarf zu decken. Schon heute ist Deutschland mit GEG und THG-Quoten im Verkehr ein attraktiver Absatzmarkt, und Importe sind wahrscheinlich, auch wenn noch viele rechtliche Fragen offen sind.

Gesetzlicher Rahmen und GEG-Stufenplan

Wie eingangs aufgeführt müssen Gasheizungen (betroffen von den Vorgaben sind natürlich auch Ölheizungen) nach neuem GEG, die innerhalb eines Zeitraums vom 01.01.2024 bis zum 30.6.2026 (Städte mit über 100.000 Einwohnern) bzw. bis zum 30.06.2028 (Städte mit bis zu 100.000 Einwohnern) eingebaut werden spätestens ab 1. Januar 2029 mit einem schrittweise steigenden Anteil grüner Gase betrieben werden – entweder mit Wasserstoff oder Biomethan.

Damit entsteht ein moderner Stufenplan für den Gaseinsatz. Bei der Beratung von Kunden sind folgende Punkte relevant:

  • Alternative Heizsysteme: Die GEG-Forderung kann oft auch mit einer Wärmepumpe, Hybridheizung (Wärmepumpe + Gasheizung) oder einer Pellet-/Holzheizung erfüllt werden. Rein gasbetriebene Anlagen ohne Bioanteil sind ab 2045 (in BW voraussichtlich bereits ab 2040) verboten.
  • Wärmeplanung: In Kommunen mit Wärmeplan können Ausnahmeregelungen greifen (z. B. Aussetzen der Quote, wenn ein Wasserstoff-Umstellungsfahrplan für die im Wärmeplan vorliegt, vom Gemeinderat verabschiedet und im Gemeindeblatt veröffentlicht wurde). In Neubaugebieten gelten ab 2024 generell die 65 %-Vorgaben.
  • Biomethan-Fähigkeit: Da Biomethan den künftigen „grünen Anteil“ liefert, müssen Gasgeräte darauf ausgelegt sein. Moderne Brennwertgeräte sind meist „100 % Biomethan-fähig“.

Die GEG-Anforderungen werden die Nachfrage nach Biomethan im Wärmebereich deutlich steigern. Laut dena-Zahlen könnte der jährliche Bedarf von derzeit unter 1 TWh (Zustand 2022) in einigen Szenarien auf über 40 TWh oder mehr anwachsen – eine Vervierfachung der heutigen Produktion erfordern. Praktisch heißt das: Neben der oben genannten Anlagenausbau- und Importstrategie müssen alle Effizienzmaßnahmen im Wärmesektor höchste Priorität haben, um diesen enormen Zusatzbedarf zu begrenzen.

Preisentwicklung und Wirtschaftlichkeit

Die Vielzahl an konkurrierende Zielsetzungen und regulatorischen Unsicherheiten macht die langfristige Preisentwicklung von Biomethan kaum berechenbar. Klar ist: Biomethan liegt preislich deutlich über dem aktuellen Erdgaspreis. Laut aktueller dena-Analyse beträgt der Arbeitspreis für das nach GEG nötige hochwertige Biomethan-Gemisch (max. 40 % Mais) etwa 13,4 ct/kWh (inklusive Steuern, Margen, Netzentgelte) bei langfristigen Lieferverträgen bis 2028. Während der Arbeitspreis für Erdgas bis 2028 voraussichtlich – inklusive CO2-Bepreisung nach BEHG – rund 8,5 ct/kWh beträgt (dena), liegt der Preis für das nach GEG zulässige Biomethan-Gemisch deutlich darüber bei etwa 13,4 ct/kWh. Schon bei einer Beimischung von 65 Prozent würde dies zu rund 58 % höheren Brennstoffkosten führen als bei reinem Erdgas. Für einen durchschnittlichen Einfamilienhaushalt entspricht das laut Schätzung der dena Mehrkosten von etwa 450–1.150 Euro pro Jahr.

Die Gründe für den hohen Biomethanpreis sind klar: Es handelt sich um eine knappe Ressource mit hohen Gestehungskosten. Ein Großteil des heutigen Biogases wird nicht mechanisiert und in das Gasnetz eingespeist, sondern in KWK-Anlagen und der Landwirtschaft (Gülleverstromung) eingesetzt und ist damit nicht im Wärmemarkt verfügbar. Künftig konkurrieren Gasheizungen mit anderen Sektoren um den gleichen Energieträger. Hinzu kommt die CO2-Bepreisung: Ab 2027 wird das Heizen mit fossilem Erdgas durch den europäischen Emissionshandel (ETS II) zusätzlich belastet, sodass sich die Kosten erhöhen. Biomethan gilt in diesem Rahmen als treibhausgasneutral und wird nicht mit Zertifikatskosten belegt, was es im Vergleich günstiger erscheinen lässt. Der Aufschlag für Erdgas fällt jedoch deutlich geringer aus als oft angenommen: Pro 100 €/t CO2-Zertifikatspreis verteuert sich Erdgas um etwa 2 ct/kWh. Selbst bei hohen CO2-Preisen bleibt der Preisabstand zu Biomethan damit erheblich. Für SHK-Betriebe bedeutet das: Beim Vergleich Gasheizung versus Wärmepumpe (Strom), Pelletheizung o. Ä. muss man zukünftig womöglich mit stark steigenden Betriebskosten für Gasheizungen kalkulieren. Schon heute sind Wärmepumpen meist günstiger im Betrieb, und diese Differenz dürfte wachsen, wenn Biomethan nach 2029 zum Standardbaustein wird.

Kurzum: Biomethan ist ein knappes und teures Gut – ähnlich wie Wasserstoff. Die Preise werden voraussichtlich nicht sinken, sondern von Angebot und Netzentgelten (siehe unten) getrieben steigen. Langfristig könnte eine steigende Nachfrage in Verbindung mit begrenztem Ausbau zu einer Verteuerung gegenüber heutigen Gaspreisen führen.

Gasnetze im Wandel: Netz­entgelte und Teil-Stilllegungen

Ein zentraler, oft unterschätzter Aspekt ist die Zukunft der Gasinfrastruktur. Mit dem Einbruch der Gasheizungen (durch Wärmepumpen, Holz/Pellets…) werden die Gasnetzbetreiber vor kaum kalkulierbaren Problemen stehen. Gesetzlich sind sie verpflichtet, am Bedarf anschlusswilliger Haushalte mitzuwirken und bestehende Kunden anzuschließen bzw. bestehende Kunden zu versorgen – Kündigungen von Altanschlüssen sind per Gesetz nicht vorgesehen. Das heißt de facto: Ein großes Verteilnetz muss weiterbetrieben werden, auch wenn immer weniger Kunden daran hängen. Die wenigen verbleibenden Haushalte schultern so zunehmend die Kosten für den Erhalt des Gasnetzes.

Studien zeigen: Durch diese Entwicklung könnten die Gasnetzentgelte dramatisch steigen. Das Öko-Institut zitiert eine Studie (2023), wonach die Verteilnetzgebühren unter den aktuellen Regeln um das 9- bis 16-fache ansteigen würden. Dies resultiert daraus, dass die Gesamtkosten eines annähernd konstanten Netzes auf immer weniger Abnehmer umgelegt werden. Aktuell bewegt sich das Nutzungsentgelt, je nach Gasversorger, in einem Bereich von 0,4 – 1,88 ct/kWh, wobei 0,91 ct/kWh der Mittelwert ist. Die verbleibenden Gas-Kunden – oft Haushalte ohne Alternativheizung – werden damit stark belastet. Denn Netzentgelte sind ein fixer Bestandteil der Gasrechnung und werden alle fünf Jahre per Regulierung neu festgelegt.

Konsequenz dieser Situation ist, dass viele Netzbetreiber heute über strategische Teil-Stilllegungen nachdenken, um ihre Kostenbasis zu verringern. Dort, wo vollständige Wärmeversorgung mit Gas nicht mehr gefragt ist, könnten kleinmaschige Gasnetze zurückgebaut oder stillgelegt werden. Allerdings profitieren Verbraucher nur langsam davon. Selbst wenn ein Abschnitt des Netzes abgeschaltet wird, bleiben die Netzentgelte zunächst für die restliche Regulierungsperiode bestehen. Erst mit Verzögerung werden sich niedrigere Betriebskosten auf die Gebühren auswirken. In der Übergangszeit sind Haushalte also vor allem mit steigenden CO2- und Netznutzungsentgelten konfrontiert. Dabei gilt es zu beachten, dass eine Stilllegung von Gasnetzen bzw. Teilen davon derzeit gesetzlich gar nicht möglich ist. Hier muss der Gesetzgeber erst die EU-Gasbinnenmarktrichtlinie in nationales Recht umsetzen und das steht nach wie vor aus.

Für das Handwerk bedeutet dies: Bei der Planung neuer Gasanschlüsse oder des Betriebs von Gasheizungen müssen künftig auch Zukunftssicherheit und Netzentgeltsituation beachtet werden. Je nach Region kann der Gasanschluss langfristig teurer werden oder ganz weggeplant werden – vor allem in Bundesländern und Kommunen, die konsequent Wärmepläne für klimaneutrale Versorgung umsetzen.

Fazit und Ausblick

Biomethan wird als Baustein des klimaneutralen Heizens an Bedeutung gewinnen, bleibt aber aufgrund der knappen Verfügbarkeit ein teures Nischenprodukt. Bis 2035 dürfte die Nachfrage nach Biomethan stark wachsen, während das heimische Angebot (ohne massive Importe) nur begrenzte Spielräume bietet. Dadurch sind hohe Preise und Wettbewerb um Ressourcen vorprogrammiert. Gleichzeitig ist die Infrastruktur in Bewegung: Gasnetze schrumpfen, Netzentgelte steigen und Teilstilllegungen werden zur Distributionsfrage.

Für SHK-Betriebe heißt das: Gasheizungen mit einem Biomethananteil lassen sich weiterhin einsetzen – erfordern aber eine deutlich sorgfältigere Abwägung als bislang. Bei Beratung und Installation muss man die teureren Brennstoffkosten und die unsichere Netzanbindung thematisieren. Alternative Systeme, wie z. B. Wärmepumpe, Hybridheizung oder Wärmenetze sind meist wirtschaftlicher. Dennoch kann Biomethan dort sinnvoll sein, wo andere Lösungen kaum möglich sind – etwa denkmalgeschützte Altbauten ohne Raum für Wärmepumpe oder in ländlichen Regionen mit gutem Biomethanzugang. Voraussetzung dafür ist aber ein verlässliches Angebot in der Region, das erst noch geschaffen werden muss.

Kurzum: Biomethan wird – ähnlich wie grüner Wasserstoff – eine strategisch wichtige, aber knappe Ressource bleiben. SHK-Betriebe sollten über die Entwicklung informiert sein, die Herausforderungen einkalkulieren und ihre Kunden auf die voraussichtlich höheren Kosten und Infrastrukturfragen beim Gasbetrieb hinweisen. Nur so lässt sich der Umstieg auf klimafreundliche Wärme zukunftssicher gestalten.

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